Montag, 15. Oktober 2012

In Afrika geht man einfach, und es gelingt

Schon 70 km hinter uns, Es ist kurz nach Sonnenaufgang, und wir haben noch über 800 km nach Katima Mulilo zu fahren, wo einige von uns APC Musik-Lehrern angefragt wurden, Musikprüfungen von einigen Jugendlichen abzunehmen
Bongani, unser Cellolehrer, greift hier tief in den Sack, um Pommes-frites zu hamsten, während ihm Gideon auf die Finger haut. Gideon ist als Hilfsfahrer mitgekommen. Junias wird die Klarinetten und Trompetenshüler testen, und Selma die Geigenschüler.




Die Mittagshitze drückt nach einer 4 stündigen Fahrt. Wir wollten hier in Rundu in einer Lodge den Durst löschen und starken Kaffe für die Weiterfahrt trinken. Der Kellner sagte, dass er den Kaffee im kalten Wasser anrühren müsse, da schon seit einer Woche der Strom für die ganze Stadt ausblieb.
Unsere 4 Lehrer erfreuten sich des hölzernen Geistes und vor allem







staunten sie, dass die Natur solche Wunder hervorbringt.











Die Weiterfahrt schien kein Ende zu nehmen. Der Strassenteer war ziemlich weich von der Hitze, und plötzlich knallte es unter meinem Auto: Der hintere linke Reifen ist geplatzt. Wir wechselten in Eile, weil wir noch bei Tageslicht in Katima eintreffen wollten. Doch beim hinteren rechten Reifen roch es auch ein wenig, und die Metalldrähre schauten bereits aus dem Gummi. Folglich fuhren wir sehr langsam, und die Hoffnung war dahin, bei Tageslicht Katima zu erreichen.





Und plötzlich tauchen schwarze Elefanten am Strassenrand auf; viele Strassenschilder weisen daraufhin, die Höchstgeschwindigkeit von 80 km  wegen Elefanten einzuhalten.
So wird es beim Eintreffen in Katima Mulilo sicher dunkel werden.









Und es war schon sehr dunkel, als ich nach langem Suchen die grosse Kirche fand, wo etwa Hundert Jugendliche auf uns warteten. Sie alle wollen Musik lernen: Geige, Cello, Orgel, Trumpete, Trombone usw... Und ein Dutzend junger Männer bat uns, in ihrem Können getestet zu werden. Dann sassen sie um die Orgel, und ich war im Moment zu nichts fähig; alles schien sich um meinen Kopf zu drehen.
Vielleicht bemerkte der Organisator meine komischen Blicke; denn er rief mich in einen Hinterraum und drückte mir einige Geldscheine in die Hand mit dem Befehl, bei der nächsten Shell-station etwas Essbares für meine Leute aus Tsumeb kaufen zu gehen, dort sei es am billigsten.







Als wir gesttigt in die Kirche zurückkamen, war sie voll von jungen Menschen, die aus Leibeskräften Hymnen sangen. Eine überlaute Orgel dröhnte mit, und der schwungvolle Dirigent hörte nicht mehr auf zu strahlen.


Und das alles während Stunden  bis in die tiefe Nacht hinein.







Endlich war es denn so weit, dass wir das Schlafhaus aufsuchen durften. Nach einigen kleinen Irrfahrten auf Sandwegen, leeres Durchdrehen im Sand, bis das Auto auflag und angestossen werden musste, fanden wir den kleinen Schuppen. Leute sassen auf kleinstem Platz rund um eine Flimmerkiste, und die Luft kochte. Eine nette Dame empfing mich mit herzlicher Umarmung und wies mich gleich zur Schlafstätte mit den Worten, dass ich allein eine Matraze für mich in Anspruch nehmen dürfe; denn hier respektiere man die älteren Personen.
Ich warf mich auf die Matraze und sank in tiefen Schlaf. Bei der Morgendämmerung entdeckte ich erst, dass ich die Matraze mit zwei weiteren Personen geteilt hatte. Ich musste sehr tief geschlafen haben.


Es war ein Jugendgottesdienst; Gesänge und Musik ohne Ende und trotz Hitze eine aufgebrachte frohe Stimmung. Eigentlich ein Fest, an dem sich alle freuten. Interessant war für mich die Vorschrift, sich für den Kirchenbesuch hübsch zu kleiden, am besten in schwarz und weiss. Die Leute hier uniformieren sich ohnehin gerne.
Nach diesem Gottesdienst erlebte ich einer meiner grössten positiven Schock in meinem Leben: 12 Orgelspieler wolltennach einer Musiktheorie-Stunde noch eine Prüfung im praktischen Orgelspiel ablegen. Ich dachte zuerst, dass sie mit mir Witze machten. Doch als sie so intensiv und neugierig in der Theoriestunde mitarbeiteten, wusste ich endlich, wie ersnst sie es meinten. Ich nahm die Prüfungen ab. Zwei der Prüflinge bestanden Grade 5, die restlichen Grade 7, also das Grade, das vor dem Diplomjahr gefordert wird. Ich staunte, wie schnell und sicher sie die Fusspedale bedienen konnten, auch wenn es sich um Lieder mit 5 B oder 5 Kreuze handelte.
Die andern 4 Lehrer aus  dem APC Tsumeb testeten die Violin-Cello-Trompeten-und Flötenspieler; auch sie konnten es kaum glauben, wie junge Leute durch Selbststudium, bloss mit einem Buch, es fertig bringen, z.B. Grade 5 in Trompete zu erreichen. Die Kaprivier sind hochtalentiert. Es sind auch sehr intelligente Menschen.
Gongani, welcher die Cellisten testete, sagte mir beschämt, dass es besser gewesen wäre, wir hätten das APC hier in Katima gebaut statt in Tsumeb, wo wir nur so dumme Gurken unterrichten. Ich dachte dasselbe.

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Als wir nach den Prüfungen eine Trinkbude aufsuchen wollten, stiessen wir auf diese seltsamen, leicht orientalischen Häusern. Schon seit Jahren stehen sie leer, ausser Schlangen, Echsen und Hyänen besucht sie niemand mehr. Dieses Dörfchen sei früher für Kranke (Wahrscheinlich für Aussätzige) gebaut worden. "Dieses Areal gehört dem Ministerium für Gesundheit", erklärte mir ein Vorbeigehnder. Ich fuhr geradewegs zur Kirche zurück, und machte dem Vorsteher den Vorschlag, diese unbenutzten Hütten abzubetteln, um sie zu renovieren und aus ihnen eine einzigartige Musikschule , ein APC zu bauen.
" Ein wunderbarer Traum" dachten wir alle und fuhren danbar und nachdenklich in eine Trinkbar; denn es war sehr heiss.



Dreckig, aber schön hell und geräumig präsentieren sich diese Hütten von innen.
Ein Bischof, ein anderer sog.Kirchenvorsteher und eine Art Kircherat kamen gegen Abend mit mir zusammen, um die Zukunft der Musikerziehung im Kaprivi zu überlegen. Wir waren uns alle einig, dass wir dem Health Ministerium schreiben müssen, diese an sich wunderschönen Hütten der Jugend, d.h. einer aufgehenden Musikschule zu verschreiben. Wir setzten Gedanken auf und begannen alle von einem neuen APC im Kaprivi zu träumen. Die Anfrage ginge nun an mich, meinten die Herren. Vielleicht wollten sie mich reinlegen oder vielleicht hatten sie ernste Anliegen.



Am andern Tag unterrichteten wir weiter. Die Schüler waren nicht müde, Neues aufzunehmen. Ich konnte sehen, wie sie alles Neue richtig gierig aufsogen. Wir fuhren erst am Abend los, zurück nach Tsumeb.
Durst, Hunger und Müdigkeit fuhren mit.
So ungefähr nach 400 km war ich so müde, dass ich beschloss, i einer nächsten Lodge zu übernachten. Hier fanden wir eine, doch das Geld war nicht genügend, und trotz meines Bettelns um einen günstigeren Preis für Leute in Not, war da nichts zu machen. Zum Glück verkaufte die Lodge Redbull; und so wurden wir wieder wach für die Weiterfahrt. Morgens früh um ca. 04°° erreichten wir Tsumeb.









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