Mittwoch, 28. September 2011

In Afrika angekommen
Manchmal vergesse ich, dass ich eine Fremde hier im Lande bin; manchmal werde ich mir bewusst, dass dies hier anders ist als bei uns.
Und heute wurde mir klar, dass ich jetzt endlich in Afrika angekommen bin; denn sovieles Unvorhergesehene auf einmal, womit ich verstrickt bin, kann ja nur hier passieren.
6 Kinder meldeten sich gestern abend an, dass sie genau um 14°° bei mir zur Lektion eintreffen werden. Aber keines dieser 6 Kinder kam. Dafür erschienen 13 Kinder um 18°°, als ich das Tor schliessen wollte. Sie baten mich um eine Lektion. Ich schickte sie "heim". Sie wurden mürrisch und baten um Brot, da sie hungrig seien. Ich schickte sie abermals weg.
Als eben meine Lektion um 14°° ausblieb, nutzte ich die Gelegenheit,  den Lehrern beim Unterrichten etwas zuzuschauen. Der Kwaito-Tanzlehrer rief mir freudig zu und dankte, dass er hier so gute Arbeit machen dürfe. Seine Augen strahlten wie seine glitzernden Ohrengehänge, die bei seinen Sprüngen sich jedesmal in den Rastazöpfen verstrickten, und seine Schüler strahlten noch mehr. Aber lange hielt ich es hier nicht aus; es war zu heiss; und als ich ihn aufforderte, die Fenster zu öffnen, entgegnete er bloss, dass dies gefährlich sei; denn andere könnten leichter reinschauen und ihre Bewegungen stehlen.

Der Gitarrenlehrer schlief, den Kopf auf der Gitarre hängend, und seine 4 Schüler zupften im 3er Takt die E-Saite, während sie monoton 123, 123, 123 usw. zählten. Als ich den Lehrer weckte, erschrack er und gab mir zur Antwort, jemand hätte ihm am Mittagessen das Fleisch aus dem Teller geklaut, was ihn so traurig und schläfrig mache. und ich erklärte ihm, dass ich ihm diese Lektion nicht bezahlen werde.

In der Blockflötenklasse ging es recht wild zu. Als ich reinkam, schrie die Lehrerin  aus dem Fenster einer Passantin in ihrer Bantusprache zu. Ich verstand bloss Hexerei. Als ich die Lehrerin zur Ruhe auffordern wollte, sagte sie in voller Lautstärke, dass dieses Weib dort eine Hexe sei. Ich stoppte sie und bat sie nun, die Kinder hier weiter zu unterrichten. Dann weinte sie und fragte mich, ob sie abends mit mir reden dürfe.
Der Klarinettenlehrer hielt 2 Stecken in den Händen, womit er über seine 6 Brassschüler umherfuchtelte und so den Takt diktieren wollte. Dabei merkte er nicht, dass er im 4er Takt fuchtelte, während die Schüler im 3er Takt spielten. Jedesmal, wenn einer einen falschen Ton spielte, stand der Trompeter auf und zeigte mit dem Finger warnend auf diesen. Jeder wusste dann, wer falsch gespielt hatte.
Der Geigenlehrer stand ganz eifrig vor seinen kleinen Schülerinnen, hielt seine Geige sicher und eine Trommel hatte er zwischen den Knien gepresst.  Schweisstropfen rannen über sein Gesicht. Als ich ein Fenster zu öffnen versuchte, winkte er ab; denn er hatte Angst, dass die Mädchen ihm nicht mehr so gut zuhören würden. Sie übten ein klassisches Stück.
Im Cellohaus stand der Cellolehrer spielend hinter den in einer Reihe sitzenden Buben in Schuluniform.
Warum er sich nicht vor die Buben hinstelle, wollte ich wissen; seine Antwort: Die Ohren der Schüler seien so viel näher. " Zum Glück kommt am Montag eine Cellolehrerin aus Brüssel," tröstete ich mich.
        Im Pianohaus sass die junge , im 8 Monat schwangere Klavierlehrerin, die ihre Kleinen seriös und sehr ernsthaft unterrichtete. Als ich eine Weile zuschaute, hielt sie plötzlich inne und bat mich, diesen Kindern zu sagen, dass sie nicht schwanger sei, sondern einfach etwas zu viel gegessen habe .

Die Stunde war zu Ende, und ich musste in meine Klasse zurückkehren, wo sich einige Buben in einen heftiger Streit verwickelt haben. Ich versuchte zu schlichten. Es ging um einen Teller Nudeln, welche vom unerwünschten Kollegen weggegessen wurden. Die Sekretärin eilte herein und bat mich, die Touristen, die einfach herein kamen, auf ihren Guss nicht antworteten und ohne zu klopfen in die Musikhütten gehen, um die Kinder zu fotografieren, zu stoppen. "Mach Du das," befahl ich ihr, worauf sie entgegnete, dass sie das nicht tun könne; denn diese Leute seien Weisse. Wir tauschten die Rollen. Sie schlichtete, und ich ging zu den Touristen.
Auf dem Weg zu den Touristen hielten mich die Marimbaspieler auf und fragten, ob die Gemeinde das Geld für ihr Spiel letzten Samstag schon gebracht hätte. Ich telefonierte eilends dem Finanzmann der Gemeinde und fragte, wo das versprochene Geld sei. Er meinte, dass ich zuerst eine Quotation eingeben müsste. Dieser Herr kam letzten Freitag zu mir und bat mich dringend, die Marimbaspieler zum Fest der Gemeindeleitung zu bringen. Es sei unbedingt wichtig, dass wir spielen. Wir würden N$ 1000.- am selben Abend erhalten. Dieser Mann fuhr einige Male im APC vor, um sicher zu stellen, dass ich die Marimbaspieler schicken werde; denn der Staatspräsident werde anwesend sein, betonte er immer wieder. (Der Präsident aber erschien in keiner Weise, und das Geld war auch nicht vorhanden, doch die Spieler waren hervorragend).
Plötzlich stand die Leiterin des Open-Air Museums im Office , als ich mich zu den Touristen aufmachen wollte, und sie zog mich am Arm zurück ins Office. Sie hätte etwas sehr Dringendes. Sie öffnete ihre Tasche, worin sich viele Dosen mit Vitamintabletten befanden, und sie forderte mich auf, einige zu kaufen, da ich schon alt sei und Vitamine benötige. Ich brauchte wirklich Kraft, um sie wieder los zu werden. Eigentlich sollte sie ihre Arbeit im Museeum tun; statt dessen beauftragt sie den Nachtwächter, während ihrer Abwesenheit allfällige Touristen zu hüten.
Endlich war der Weg frei, um wieder in meine Klasse zu gehen, so glaubte ich. Die Selretärin rief mich erneut, so schnell wie möglich zu kommen. Hinter der Bühne hatte sich die unterirdische Wasserleitung in einen Springbrunnen verwandelt. Ich rief Josef, der gerade ein Oboenröhrchen feilte, mit Pickel und Schaufel zu kommen. Zuerst aber schlossen wir die Hauptleitung, welche von einem fachunkundigen Gemeindearbeiter vor einem Monat zugeschüttet wurde. Während Josef mit Mühe den Hauptschalter freilegte, vergnügten sich die Kinder unter diesem Springbrunnen. Einige waren endlich wieder einmal sauber. Und plötzlich bemerkte ich einen Herrn beim Filmen dieser Kinder, der sich ebenso freute und rief:"Que bella!" Da merkte ich erst, dass ich die Touristen vergessen hatte.
Als ich bends zuhause war, mich mit einem guten Kaffe und einer Zeitung erholen wollte, öffnete sich  die Tür und eine Bande Kinder rannte lärmend und schreind auf mich zu:" Come, come!" Die Band rannte los, und ich hinter her. Draussen vor dem Gartentor lag Jackson weinend am Boden. Ein Nachbar hatte ihn abgeschlagen. Den Grund konnte mir niemand sagen. Doch ich wusste, dass dieser Mann aids-krank ist, und der Virus hat bereits sein Hirn angefressen. Der Mann ist gefährlich und schlägt einfach mal drein. Namibia ist mit den vielen AIDS Kranken überlastet und auch überfordert. Die Kinder versuchten, Jackson ins Spital zu tragen.





Dienstag, 27. September 2011

Maturaarbeit von Michelle Jahn aus Mels CH
Staunenswert ist diese Maturaarbeit von der erst 18 jährigen Michelle über das APC.
Michell weilte nur 3 1/2 Wochen, und sie traf mit ihrer seriösen und sehr klaren Beschreibung den Kern des ganzen Entwicklungsprojektes APC. Unsere Lehrer und Lehrerinnen kamen kaum mehr aus dem Staunen heraus, als sie diese Arbeit, auch wenn sie in Deutsch geschrieben steht, betrachteten.
Wer tiefer in die Sache de APC gehen möchte, tut gut daran, bei Michelle  eine Broschüre zu bestellen unter der Adresse: Michel Jahn, Amperdellweg,  Wangs  SG Schweiz.

Montag, 26. September 2011

 In diesem Haus kann man für N$ 10.- (das sind ca.1.30 sfr)  5 lt Trinkwasser kaufen. Das ist aufbereitetes, gut schmeckendes Wasser. Das Wasser aus der Trink-Röhre hinterlässt einen derben, metallenen und chlorigen Geruch. Es enthält auch Spuren von Arsen, das von der Mine herkommt.
Die grosse Frage: Käme es letztlich nicht billiger für die Regierung, dieses aufbereitete Wasser allen Einwohnern frei zu geben, statt so viele Krankheiten, welche von diesem Wasser herrühren, in Krankenhäusern zu heilen versuchen?

Jetzt steht wieder die ganze Stadt Tsumeb in violetter Blüte da. Ueberall, wo man hinschaut, leuchtet es violett von den riesengrossen Jakarandabäumen.

Sonntag, 18. September 2011

 Hochzeitskapelle in Afrika
Auf einem Hochplateau in der Nähe des internationalen Flughafens bei Windhoek steht eine neuerbaute Kapelle, die für Hochzeiten benutzt wird. Es ist Mode geworden, dass vornehme Lodges Hochzeitskapellen bauen, um auch der einheimischen Bevölkerung ihren "Dienst" anzubieten. Zum perfekten Service gehört Life-Musik. So wird nun vermehrt das APC eingeladen, diese Feiern mit Musik,  der Rasse des Brautpaares entsprechend, festlicher zu gestalten.
In dieser Holzkapelle spielten wir mit Harfe und Flöten spezielle Hochzeitsmusik.
Hätte Mendelssohn damals gewusst, dass sein Hochzeitsmarsch auch in Afrika einen bevorzugten Platz einnehmen wird, hätte er ihn sicher auch mit einheimischen Trommeln und Marimben unterlegt.

Ein Owambo-Junge, der beim Ueben dieses Marsches dabei war, glaubte, dass sein Grossvater ihn erfunden hätte, denn er hatte ihn beim Ziegeneintreiben diese Melodie pfeifen hören.

Donnerstag, 15. September 2011

Ein glücklicher Moment:
Dutzende von Kindern kommen aus dem Staunen kaum heraus:"Dieser Gentleman, der uns schon dieses Haus hier gesponsert hat, spendet 2000.- Euro noch zusätzlich, damit wir dank der richtigen schwarzen Schulschuhe wieder die Schule besuchen können oder von den andern Schülern nicht ausgelacht werden, wenn wir barfuss oder mit Plasticschlappen daher kommen."
Hier im Bild: Selma, unsere Sekretärin, überreicht den Kindern die neugekauften Schulschuhe.
Je nach Grösse kostet ein Paar Schulschuhe in Leder  um die N£ 195.-. Da können wir 103 Paar Schulschuhe  kaufen.

Dieses Haus hier dient den Marimbaplayern, den Trommeln und den Tänzern und Tänzerinnen. Walter Benarth hat uns diese Hütte bezahlt, er verzichtete auf einen teuren Grabstein für seine Frau und schenkte dieses Geld dem APC. So eine lebender Grabstein wird uns alle an Walter Benath erinnern, eigentlich lebt so seine Frau weiter, hier in Afrika, wo gelacht, getanzt, gespielt und musiziert wird.

Sonntag, 11. September 2011

 Wichtiger Moment im APC : Positive Wende
 Unser Zeichnungslehrer forderte mich gestern auf, um 11°° ins APC zu kommen; denn der Administrator der NDTC (Namibian Diamanten Handels Kompanie) wird uns Zeichnungs-und Bildmaterial im Werte von N$ 30000.- (ca. 5000.- sfr ) überreichen. Hier im Bild der Administrator Paige Ekandjo mit einem High Tech Projektor. Im Hintergrund am Boden liegt die Leinwand, ein Laptop, Pinsel, Papierbögen, Farben, Scheren, Bleistifte für den Zeichnungsunterricht. Daneben steht eine handliche Schweissmaschine, der langjährige Traum unseres Zeichnungslehrers Isai Indongo, der stets jammerte, mangels dieses Gerätes keine Skulpturen kreieren zu können. Vielleicht kann da Hanspeter Aggeler, der für einen Kunstworkshop kommen wird, den Zeichnungsschülern zu Hilfe kommen.
             Grund dieser Schenkung: Vor einem Jahr schrieb die NDTC einen Wettbewerb in einer Tageszeitung aus, Schmuck für die Diamantenschleiferei zu entwerfen. Ich brachte diese Anzeige dem Zeichnungslehrer, damit er mit seinen Schülern etwas Attraktives erfinden soll. Ich hätte nie gedacht, dass ein Schüler den ersten Preis gewinnen würde, und zwar den ersten Preis aus dem ganzen südlichen Afrika ( Süd Afrika, Angola, Botswana etc..)
Ein Kameramann vom nationalen Fernsehen und Journalisten von den verschiedenen Zeitungen .
Hätte ich das gewusst, wäre ich etwas vorbereitet gekommen, hätte mich gekämmt und etwas besser angezogen. Der Zeichnungslehrer hat mich nur um etwas Geld für Getränke und Potatochips angebettelt und dabei gesagt, vielleicht kommt einer mit zwei Kollegen vorbei. Ich dachte, dass Paige Ekandjo einfach das Material bringen würde.
Die Gruppe verblieb 3 Stunden im APC, filmte, machte Notizen, Interview mit Schülern, Lehrern und mir. Sie hatte sehr Interesse und verharrte in jedem Musikhaus, in welchem Kinder sassen und übten. Einige probierten sogar die Instrumente aus.

Und hier begann die Gruppe zu den Marimbaklängen zu tanzen. Es kam eine heitere Stimmung auf unter den Journalisten und Managern. Es fehlten nur noch das Bier und das Braii Fleisch

Und dann begannen sie selber auch noch Marimba und Trommeln zu schlagen.

Interessant war für mich die Frage, welche der Manager am Schluss stellte: "Wie sicher gehen die Lehrer hier mit dem Material um?" Ich versicherte ihm, dass noch kein Lehrer es wagte und auch nicht wagen wird, solange ich hier bin, etwas nach Hause zu nehmen.
Dann komme ich wieder, erklärte er zufrieden und verabschiedete sich.

Donnerstag, 8. September 2011

Nochmals ein wunderbares Geschenk:
Walter Benath, der schon vor 3 Jahren eine grosse Schenkung dem APC gemacht hatte, nämlich das Afrikahaus, wo die einheimischen Instrumente gespielt werden, hat eine ganz gute Idee gehabt:
Nachdem er erfahren hatte, dass Kinder, die weder Schulschuhe noch Uniform zu kaufen vermögen, von der Schule verwiesen werden. Das12 jährige Mädchen im schwarzen T-shirt namens Selma ist als Verdingmädchen tätig. Hätte sie Schuhe und Schuluniform gehabt, würde sie heute die 6. Klasse besuchen. Die Füsse der andern 3 Mädchen mit den Steckenbeinen passen nicht mehr in die alten, zerlöcherten Schuhe. Ich hörte andere Kinder spotten. Das Kind mit dem gelben T-shirt sagte mir, dass es nicht mehr in die Schule gehen möchte, da einige spotten, weil es keine Schuhe trage.
Es gibt Menschen, welche wirkliche Engel sind und genau zur richtigen Zeit ihre Hilfe anbieten.
Danke, Walter Benath!
Da können sie lachen:
Ein grosses Geschenk wurde gerade von der NAMDEB(= Namibianische Diamanten Mine ) ins APC geliefert. Leim, Farbstifte, Wasserfarben, Pinsel, teure Zeichnungsbögen, Bilderrahmen und eine handliche Schweissmaschine werden hier vom Zeichnungslehrer Isai (stehend) und dem Musikinstrumentenrestaurator Gideon (rechts) ausgepackt und bewundert.
Der Lehrer Isai und ein Schüler gewannen den 1. und 3. Preis des Zeichnungswettbewerbes, den die NAMDEB ausgeschrieben hatte. Gestern wurde eine Grossleinwand und einen Projektor mit PC gelifert, damit Isai den Zeichnungsunterricht besser gestalten kann. Insgesamt wurde für N$ 30000.- Unterrichtsmaterial fürs Zeichnen und Werken geschenkt. Das ist eine grosse Investition in unser Projekt, die ich selber nicht aufgebracht hätte. Auch ein ideeller Wert steckt dahinter: Die Lehrer und Schüler erfahren nun, dass mit Fleiss und Wille viel erreicht werden kann.

Sonntag, 4. September 2011

Wer war der Einbrecher?

Morgens früh standen die Teacher vor dem APC Office, waren wütend und traurig zugleich. Das Fenster und ein grosser Ziegelstein lagen am Boden. Elifas, der Klarinettenspieler klagte in weinerlichem Ton, dass all seine Kompositionen, die er während der ganzen Ferien auf dem Laptop eingeschrieben hatte, nun verschwunden seien. Ein anderer rief, dass der Nachtwächter den teuren Laptop, den Martin Pfanner geschenkt hatte, zu bezahlen habe. Bongani schrie, dass er den Nachtwächter abschlagen werde. Der Trompetenlehrer wollte gleich die Polizei holen, doch das musste ich verhindern und gab zu, dass ich selber eingebrochen habe; das kam so:
Ich hatte bis Mitternacht im APC Harfe geübt und gearbeitet, und als ich beim Verlassen des Raumes die Glastüre hinter mir zuschob und einklickte, merkte ich, dass mein Schlüsselbund noch drinnen auf dem Tisch lag. Mit dem Nachtwächter zusammen überlegte ich, wie ich nun in mein Haus gelangen könnte. Er meinte etwas spöttisch, dass ich mit ihm das APC bewachen sollte. Eine schlechte Idee bei diesem kalten Wind und ich in einer blossen Sommerbluse (tagsüber steigen die Temperaturen auf 36, nachts sinken sie auf 6°) ! Ich schlug seinen Vorschlag ab, mit ihm unter seinen Mantel zu kriechen. Da nahm ich einen Ziegelstein, und schleuderte ihn gegen das Officefenster. Nun konnte ich den Schlüsselkasten leicht herausfischen. Welches Pech: Kein einziger Schlüssel passte in das Schloss des Harfenraumes. Ich erinnere mich, dass in meinem Haus ein Ersatzschlüssel hängen muss.
Um mein Haus war es stockdunkel, und ein wenig fürchtete ich mich. Ich tastete alle Fenster ab, und als ich alle geschlossen vorfand, holte ich den Nachtwächter vom APC. Seine Taschenlampe hätte keine Batterien, die Strassenlampe war schon seit Monaten kaputt. Die Hunde der Nachbarn bellten in aller Lautstärke. Ich schleuderte gezielt einen Stein, und das Küchenfenster splitterte. Doch weder der Nachtwächter noch ich konnten reinklettern, da die Eisengitter an den Fenstern  zu engmaschig waren. Er gab mir den Rat, hier zu warten. Er ging und kam nicht, wie ich erwartete, mit einem Eisenbrecher zurück, sondern mit zwei kleineren Kindern, welche er in der Blechhüttensiedlung herumstreunen sah. Sie schienen den grössten Plausch zu haben, als wir sie durch die Eisengitter schoben. Erstaunlich schnell fanden sie die Ersatzschlüssel und boten sie mir durch das zersplitterte Fenster heraus. Sie warteten in meiner Küche, bis ich durch die, diesmal ordentlich geöffnete, Tür hereinkam. Da die Kinder Hunger anmeldeten, kochte ihnen Spaghetti, welche sie gierig hinunterschlangen. Beim Rausgehen lächelten sie vergnügt und meinten, dass sie morgen wieder kommen werden; denn es hätte ihnen Spass gemacht.

Donnerstag, 1. September 2011

CHAMELEON IST VERSCHWUNDEN

Meine Haushalthilfe, die seit 3 Wochen bei mir arbeutete, ist vor 10 Tagen verschwunden.Sie heisst Loide, aber vielleicht hat sie einen ganz anderen Namen, wie das Alter, wonach sie 40 aussieht. Sie sagte mir einmal, dass sie im September 32 Jahre alt werde.
Ich wollte mit ihr einen Arbeitsvertrag aufstellen, und dazu benötige ich ein Curriculum Vitae. Sie hat mir eines gegeben, das weder mit ihrem Alter, noch mit ihrem Dorf, wo sie aufwuchs, noch mit ihrer Schule und den betreffenden Abschlüssen übereinstimmte. Als ich sie aufforderte, die richtigen Papiere zu bringen, sagte sie, dass dies nicht möglich sei, da ihr Haus von den Wassermassen überflutet wurde und dabei ihre Dokumente verschlang. Tags darauf klopfte eine elegante Dame mit langen Haaren, silbernen Stöckelschuhen, Bluse,  Hose und Hut, einer Dame von Welt gleich, an der Tür und sagte mir lächelnd, dass sie heute in den Ausgang gehe. Ich kannte die Dame nicht. Sie beharrte darauf, Loide zu sein. Niemand im APC erkannte sie wieder als die ärmlich gekleidete Loide , wie sie war. Sie verschwand und kam nicht wieder.
Nun muss ich nach einer neuen Haushalthilfe Ausschau halten. Das ist hier in Namibia so paradox: Bei über 60 % Arbeitslosigkeit, ist es so schwiederig, die richtigen Leute zu finden. Die letztjährige hat sich wieder gemeldet; aber ich weiss, dass es nicht gehen würde; denn sie war jene, die nach dem Putzen alle Möbel umstellte: Das Bett dorthin schob, wo vorher der Schrank stand, einfach alles musste wo anders hinkommen. Heute stellte sich ein Herr vor; er könne hart arbeite, sagte er; doch er sei 100% taub, und als Invalider hätte er mehr Anrecht auf Jobs als Normale. Als ich ihm sagte, er solle am spaten Nachmittag wieder kommen, safte er, dass dies nicht gehe.Da öffnete ich gleich die Haustüre, und er verschwand etwas verlegen