Donnerstag, 27. Oktober 2022

Die Natur lehrt uns Veränderung

Das ist die Strasse, die sich am APC vorbei zieht. Das APC ist hinter am rechten Strassenrand mit dem Eingangs Strohdach sichtbar.
Noch vor 2 Wochen waren die Strassenränder mit violett blühenden Bäumen verziert gewesen,  und seit wenigen Tagen dekorieren die roten Flamboyen-Bäume die Strassenränder. Nach 2 Monaten werden auch diese Bäume ihre feuerroten Blüten verlieren, und anschliessend treiben die schweren Hartholzbäume ihre  goldgelben Doldenblüten in die Höhe. Die Wurzeln all dieser Bäume graben sich zum Grundwasser hindurch. 
Gestern noch kletterten die Temperaturen über die 40er Grenze, und heute verwandelte sich das Blau in Schwarz, das von kräftigen Blitzen in kurzen Abständen erhellt wurde. Ein kalter Wind brauste heran und platschte dicke Regentropfen herunter. Diese Strasse verwandelte sich in einen reissenden Fluss.
Und jetzt, nach gut 3 Stunden, ist alles wieder trocken, und die rote Blust liegt braun am Boden. Doch weitere Knospen werden sich morgen in Feuer verwandeln. Ein ständiges Kommen und Gehen.

 

Dienstag, 25. Oktober 2022

Armut und Not machen erfinderisch

 Tsumeb ist sehr kriminell geworden, speziell seit der Corona Krise. Es vergeht kaum ein Tag, an welchem  nicht jemand umgebracht wird; meistens animieren Alcohol und Drogen das Töten, und:"Auch ich möchte ein Handy oder Geld besitzen, um das tägliche Brot selber kaufen zu können." Letzthin besuchte mich ein junger Mann, den ich im Gefängnis sah, als wir vom APC Häftlinge unterrichteten, die in nächster Zeit als sozialisierte Bürger entlassen werden sollten. Der Mann erklärte mir mit etwas traurigen Augen, dass er wieder einbrechen werde; denn im Gefängnis gab es 3 mal täglich freie Kost. Ich riet ihm an, im APC Trompetre lernen zu kommen, damit er in der Armee Band einmal aufgenommen werden könnte. Der Weg dorthin sei zu lange; er habe jetzt Hunger. Irgendwie verstand ich ihn.

Nun hat er es geschafft: Er stahl einen grossen TV-Bildschirm und trug ihn sichtlich durch die Stadt. Kurz darauf wurde er wieder verhaftet. Jetzt hat er wieder genügend zu essen.

Ich habe heute die Löhne an alle 43 Arbeiter und Lehrer/innen ausbezahlt, aber nur die Häfte; denn ich weiss nicht, ob ich für den November Lohn genügend Geld haben werde.

Heute Abend hatte ich eine Lösung, die Armut im APC zu reduzieren: Eine junge Dame klopfte bei mir an, um mit mir ihre Zukunft zu besprechen. Sie breitete alle Diplome auf dem Küchentisch aus. Als erstes fiel mir das farbige Diplom der Montessori- Schul-Methode auf.

Die Lösung: Morgen wird diese Dame in jedes Postfach in Tsumeb ein Werbungsblatt bringen, das kurz erklärt, was eine Montessori Schule ist, und dass sie im APC eine erste Klasse dafür auftun werde. Da hier  nur die Vermögenden ein Postfach besitzen, wird dies schon etwas eingringen; denn die Reichen wollen ja die beste Erziehung für ihre Kinder. 

Ich werde natürlich diese Montessori Methode, die ich von früher her kenne, mit dem Erlernen von Musikinstrumenten verbinden.


Samstag, 15. Oktober 2022

APC im Gefängnis

Alle Insassen kahl geschoren in orangemen Uniformen. Hier wird das APC Gefangene, die bald wieder in die Freiheit gehen können,  künftig  für ihre Freiheit vorbereitet: Durch Musik-Unterricht, Malen und Zeichnen wird ihnen eine Zukunftsaussicht ermöglicht; sie sehen eine Perspektive, nicht wie jener, der mich vor einem Jahr vor einem Einkaufszentrum um Brot bat. Als ich ihm ein Brot kaufte, versicherte er mir,  nie in mein Haus einzubrechen, nur bei andern; denn er wolle wieder zurück ins Gefängnis, wo er täglich 2 Mahlzeiten bekäme und nicht aus Abfallkübeln nach Essen wühlen müsse.

Ich habe das Ministerium für Kultur angefragt, das APC zu unterstützen; denn schlussendlich käme dies dem Staat billiger, weil die Erziehung zur Kultur kriminelle Handlungen stark vermindert. Ein Gefängnis mit über Tausend Gefangenen und für jeden 2 Wärter, starke Gebäude etc. muss Unmengen Geld verschlingen, und das APC muss von Spenden leben.

 

Sonntag, 9. Oktober 2022

APC ging in Streik

 Vor 2 Monaten führten die Aerzte, Sozialarbeiter, Regierungsleute, Polizei und APC eine Demonstration durch die Stadt Tsumeb gegen Alcohol und Drogenmissbrauch durch, wo am Ende im grossen Fussballstadion viele Reden gehalten wurden und ein lustvolles und eindrückliches Drama vom APC aufgeführt wurde. Dem APC wurde sehr stark gedankt.

Nun wollten dieselben Organisatoren eine weitere Demonstration gegen Suizide (Selbstmord) durchführen, und das APC sollte wieder so ein eindrückliches Drama vorführen. Wir waren sehr dankbar für diese Aufgabe und übten während 6 Wochen täglich nach der Unterrichtsarbeit von 17 Uhr bis kurz vor dem Einbrechen der Dunkelheit.

Ich fand dieses Drama das Beste von allen, die wir je gespielt hatten. Es traf uns auch im täglichen Leben; denn die Selbstmordrate steigt in Namibia von Monat zu Monat. Grund: Armut, Hunger, Angst, Verlorenheit. Die Betroffenen sind fast ausschliesslich Jugendliche von 14 bis 22 Jahren.

Am Ende kam eine Sozialarbeiterin zu mir mit der Botschaft, dass viele Kinder auf der Zuschauerbühne sein werden. Wir Lehrer/innen waren verblüfft über diese unüberlegte Botschaft und erklärten ausführlich, dass dieses Thema nicht auf der Kinderebene basiert, sondern ganau das Alter aller 5 Gymnasien in Tsumeb angeht und deshalb auch für diese Schüler gespielt werden muss. Nach langem Diskutieren  schien sie das Problem zu verstehen und versicherte, dass sie alle Gymnasien zur Demo und zum Drama einladen werde.

Doch leider bleb dieses Versprechen aus. Da beschloss das APC zu streiken.

Nur unsere Ludothek-Lehrerin  Rozy bekam die Idee des Streiks nicht mit und ging als einzige mit der Demonstration mit. Sie glaubte, dass wir vielleicht auf der Bühne das Drama vorbereiteten. Sie wunderte sich auch, warum nur Kinder und Eltern teilnahmen. Die Polizei, die Politiker und die Aerzte blieben ebenfalls weg.

Aber Rozy rettete die ganze Situation. Sie hielt eine Rede, sie erzählte unser Drama in Form einer Geschichte, die so spannend war, dass die Anwesenden ihre Tränen wegwischten.

Wir haben im APC vereinbart, dass wir dieses Drama in jedem Gymnasium vorführen werden.

Mittwoch, 5. Oktober 2022

Handgestrickte Socken aus Schurwolle

Heute habe ich meine Lehrer gefragt, warum sie in dieser unmenschlichen Hitze Wollsocken in den Plastiksandalen tragen. Ihre Erklärung war für mich sehr interessant und logisch: Sie tragen diese Wollsocken dann, wenn es sehr heiss ist; denn die Schurwolle nimmt die Hitze nicht auf, und die Füsse bleiben weich und temperaturkonstant. So auch im kalten Winter .

Diese Wollsocken erhalte ich jeweils von den Strickfrauen aus minem Heimatdorf Mels in der Schweiz. Den Frauen tut das Stricken gut und hält die Beweglichkeit der Finger fit. Dabei wissen sie auch, dass sie damit ein gutes Werk für Afrika tun.