Donnerstag, 24. Januar 2013

Ich will Flügel, keine Wurzeln

Im Moment haben die Lehrer/innen eine kreative Phase:
Richardlee Shombe bemalt das "Schybeplaetzli Huus" mit Wurzelstoecken; denn, wie er sagt, sind die Wurzeln das wichtigste Element in einem Leben. "Doch moechte ich lieber Fluegel haben; denn mit Wurzeln komme ich nicht weit und muss staendig zuhause bleibn. Ich wuensche mir Fluegel , die mich forttragen in eine Welt voller Frieden und Genugtuungen. Ich glaube, dass meine eigenen Bilder, die ich an ein APC Haus male, Veraenderungen in mir selbst bewirkten. Wurzeln haben, wie mit die Lehrer sagen, will ich nicht; denn ich will weiterkommen. Richardlee (hier im Bild) ist ein Maturand und Schüler in Drama und Malen  im APC.

Dienstag, 22. Januar 2013

Von den Raeubern gelernt

Eben schob ich um Mitternacht die Schiebetüre hinter mir zu, als ich bemerkte, dass ich meinen Hausschlüssel drinnen im Raum vergessen hatte. Nun stand ich im Dunkeln im APC und begann zu überlegen, wie ich ohne Schlüssel in mein Haus kommen könnte, ohne eine Tuere einzuschlagen.
Ich suchte den Nachtwächter und fand ihn hinter der Freiluftbühne. Er musste mir das Ausgangstor im APC öffnen. Ich bat ihn, mir beim Aufknacken des Schlosses an meiner Gartentuere behilflich zu sein. Am schweren Eisentor angelangt, zeigte ich ihm, wie er dieses etwas hochheben musste, damit ich das Padlock besser durch die Eisenschlinge drücken konnte. Ein Knall, und das Tor sprang auf. Er half mir, auf die gleiche Art das Tor wieder zu schlieesen. Nun war ich wenigstens in mneinem Garten, und der Nachtwaechter verabschiedete sich mit einem Kopfschütteln.
"Aber wie komme ich nun ins Haus?" Ich probierte alle meine Ideen aus. Plötzlich  kam mir in den Sinn, dass ich etwa vor 2 Jahren einen Ersatzschlüssel fuer eben solche Notfälle in der Veranda unter dem Grasdach versteckt hatte. So kletterte ich hoch, und zu meiner Enttäuschung: Der Schlüssel war weg!.
Oben im Dach gabs einen schmalen Durchschlupf, den ich schon laengst mit Draht zuflechten wollte, um ungebetene Eindringlinge fern zu halten. Ich kletterte am Eisengitter hoch, machte mich dünn , und dann drueckte ich mich durch das schmalen Schlupfloch zwischen einem Holzbalken und dem  kratzendem  Ende des Strohdaches. Ich hoffte nur, dass niemand mich von der Strasse aus beobachtete.
Mit einem Satz sprang ich auf den Boden und war selber überrascht, wie ich in meinem Alter noch beweglich war. Hier gab es eine Türe. Aber auch die war verschlossen. Was nun? Mich hier einfach niederlegen und schlafen? Die vielen Moskiten und Echsen hielten mich davon ab. Ich hatte den Safeschluessel vom APC noch in der Hosentasche. Dort koennte ich auf dem Fussboden übernachten; . Also ging ich den selben Kunstweg zurueck zum APC. Es begann arg zu blitzen und donnern.
Vor dem Eingangstor ins APC rief ich den Nachtwaechter herbei. Es dauerte eine rechte Weile, bis er mich hörte. Endlich kam er wieder hinter der Buehne hervor. Er oeffnete und fragte, wohin ich wollte. Im Safe waere ich gut aufgehoben, sagte ich, und er nickte. Im Safe entdeckte ich eine lange , sehr duenne Eisenstange.
Da schoss mir das Bild durch den Kopf: " Mit einer solchen Eisenstange hatte einmal ein Räuber das Schiebetor im APC aufgemacht und den Laptop entwendet." Der Nachtwächter half mir bei der Operation; und sie gelang. Dort auf dem Tisch lag mein Hausschlüssel. Ich war unendlich dankbar
und versprach dem Nachtwaechter,  morgen eine Schokolade zu bringen, eine echte Schweizer Schokolade. Am Schluss wollte er wissen, ob man in der Schweiz lerne, wie man einbrechen kann.
"Nein, nicht in der Schweiz, aber in Namibia."

Samstag, 19. Januar 2013

Neuer Tanzlehrer

Harte Disziplin legt unser neuer Tanzlehrer an den Tag. Er achtet, dass bei jedem Kind die Koordination zwischen Haenden und Fuessen genau stimmt, dass jede Bewegung auf den Rhythmus der Musik abgestimmt und das die Haende und Fuesse genauestens koordiniert sind. Wenn ein Mädchen eigenwillige Bewegungen macht, korrigiert er so lange, bis es stimmt.
Gibs ist der Name der Lehrers. Er hat schon mehrere nationale Preise im Tanzen gewonnen. Gibs tut dem `APC gut; denn er hat offene Augen, d.h. er sieht, wenn ein Kind gelangweilt herum sitzt und holt es in seine Lektion. Seine Staerke im Tanzen ist die Fähigkeit, die Musik in Bewegung so auszudrücken, dass sie zum Erlebnis des Taenzers und des Zuschauers  wird. Als ich ihn fragte, woher er dies gelernt habe, sagte er ganz bescheiden: Durch Studieren von Büchern, durch ein Selbststudium. "Meine Eltern haben mir immer gesagt: Lerne perfekt, sei genau und fleissig; dann wirst Du jemanden, den die Gemeinde noetig hat. So wirst Du glücklich." Die Jugendlichen spueren seine Haltung und sind ihm gegenueber sehr diszipliniert.

Freitag, 18. Januar 2013

Massenhaft Kinder

Diese Kinder warten alle auf einen Platz in dieser Primarschule fuer das 1. Schuljahr. Alle Schulhäuser in Namibia platzen aus den Nähten. Ueber die Weihnachtsferien liess die Regierung in der Naehe des Blechhuettenviertels hier in Tsumeb ein neues Schulhaus bauen, das zwar auf den Schulanfang am 14. Januar noch nicht fertig erstellt werden konnte. Es haben sich 300 Erstklaessler angemeldet, doch sie wurden auf einen spaeteren Zeitpunkt vertroestet. Einige Lehrer oder sonst Hilfspersonen haben begonnen, im Schatten der Baeume zu unterrichten. Diese Situation wird sich nun jedes Jahr verschlimmern, denn die Geburten explodieren; kein Wunder, wenn schon die 16 Jaehrigen beginnen, Kinder zu gebären. Es scheint, dass niemand mehr in der Lage ist, diese Explosion aufzuhalten.
Unverstaendlich ist einfach, dass es immer noch zu viele Frauen gibt, die ein Kind um das andere in die Welt setzen, auch wenn sie nicht einmal imstande sind, das erste Kind zu ernaehren. Eine sehr aussichtslose Sache. Meiner Meinung nach raecht sich die Natur mit AIDS gegen diese dem Leben gegenueber verantwortungslose Haltung.

Mittwoch, 16. Januar 2013

Kultur wuerde uns helfen

Heute gegen Sonnenuntergang hatte unser Trompetenspieler ploetzlich die Idee, im Kuvukiland, im Blechhuettenviertel mit seine 3 Schuelern musizieren zu gehen. Gut, ich fuhr mit diesen Spielern hin. Kaum hatten sie die ersten Toene geblasen, kamen von allen Seiten Leute daher und wussten nicht recht, was da vorging. Nach den ersten Liedern stand ein Mann in die Mitte, geuebt im Reden und forderte alle auf, nun gut zuzuhören. Das taten die Leute und begannen im Takt sich zu bewegen.Am  Ende des Spektakels rief ein anderer Mann, dass endlich Kultur in unser "Villenviertel" kommt, und er bedankte sich sehr.
Erneut schrie der Anfangsredner: " Genau das brauchen wir, Kultur. Bitte, kommt doch morgen wieder!"

Dienstag, 15. Januar 2013

APC beginnt neu

"Auch wir kommen mit unseren Autos zur Anmeldung fuer das Jahr 2013!" sagen die 7 Buben lachend und holen sich Anmeldeformulare im APC Büro. Sie wollen alle Marimba, Geige und Saxophon lernen. Doch mangels Saxophon muessen sie sich mit Geige und Marimba begnügen. Diese Buben hoerten das 1.Mal vom APC. Sie wohnen im neuen Blechviertel, weit weg vom APC.
Erstaunlicherweise haben ziemlich viele Eltern ihre Kinder selbst angemeldet, was ein gutes Zeichen fuer's APC bedeutet. Eine soziale Mischung wird endlich gut tun; denn nur mit Strassenkindern und vernachlaessigten Jugendlichen ein APC weiter zu führen, ist nicht so einfach, da bei ihnen zu vieles verschüttet ist  und  man nichts voraussetzen kann, ausser ihrem frohen Lachen, das aber handkehrum in Wut und Tränen
ausbrechen kann.

Freitag, 11. Januar 2013

Bananenwunder

Meine Bananenstaude, die ich vor 4 Jahren gepflanzt und gepflegt hatte,  produzierte viele Blätter, im Durchschnitt 2 lange Blätter in der Woche.
Vor einer Woche fragten meine Hilfslehrer, ob ich mit ihnen nicht einen schoenen Ausflug machen würde.Sie waren gluecklich ueber meinen Vorschlag, in das naechste Gartencentre zu fahren. (Welche Jugendlichen in der Schweiz wären schon glücklich, wenn sie in den Ferien einen Tag in eine Gärtnerei fahren dürften? Dort wäre  der Ausflug sicher ein Muss,  Zwischenbemerkung!)
Ich kaufte aus Verlegenheit einen kleinen Kaktus; denn ich wollte mich eigentlich bloss ueber die Bananenstauden Auskunft wissen, wie lange es gehe, bis sich Blueten entwicklen würden. Die Verkaufsleiterin sprach von einem halben Jahr, andernfalls seien es maennliche Bäume. Ich glaubte ihr. Zuhause angekommen, suchte ich die Säge; doch die wurde gestohlen.
Ich rief aergerlich der etwa 5 Meter hohen Staude:" Morgen werde ich Dich umhauen; du hast mich nichts als Arbeit und teures Wasser gekostet, und nun bist ein fruchtloses Männchen." Ich beschloss , sie einfach nicht mehr zu bewässern.
Und was sah ich 5 Tage später: Eine schöne, grosse Bluete unter dessen roten Blaettern bereits kleine Banaenchen hervorlugten.
Die beruehmt beruechtigte  Gartenbusch Hexe aus dem Owambo sagte mir vor Jahren, dass man mit Pflanzen reden muss, um sie zum Bluehen zu bringen.

Sonntag, 6. Januar 2013

Kuvukiland

Dieses Bild wurde im Zeichnungsunterricht erstellt. Es stellt  
das Wohnviertel eines Schuelers dar.
Einfache Blechhütten, keine Toiletten, kein Wasser und auch kein Strom, aber man überlebt.
Hinter dem Huegel befindet sich die alte Minenstadt Stadt Tsumeb.
Vor 3 Jahren gabs hier vor dem Huegel noch keinen einzigen Einwohner, nur herumstreunende Vagabunden. Und heute sagte mir die Schulvorsteherin, dass allein von diesem Viertel, namens Kuvukiland, sich 305 Erstklässler\innen fuer den neuen Schuljahresbeginn angemeldet haben. Die Frau sass geschlagen da und bat um einen kalten, aber starken Kaffee. Wer meinen Tagebucheintrag von gestern gelesen hat, versteht die Völkerexplosion im suedl. Afrika. Und die Gemeindeverwaltung hatte mir vor 2 Jahren verboten, im Kuvukiland ein APC zu bauen; denn der Boden sei verseucht.
Doch einige Kinder nehmen den langen Fussweg in Kauf; denn sie wissen, dass sie im APC fuer eine bessere Zukunft lernen können.

Samstag, 5. Januar 2013

Selbstverschuldete Armut

Das Mädchen in der Mitte, welches das Baby seiner Schwester, die rechts daneben steht und auch schon wieder mit dem 4. Kind schwanger ist, heisst Selma Jolomimu und ist 16 Jahre alt. Seine Mutter hinterliess nach ihrem Tod vor einem Jahr 10 Kinder, welche kaum ihre Vaeter kennen. Seit 10 Monaten betreue ich Selma, stellte ihr eine Lehrerin zur Verfügung, um ihr Lesen und Schreiben beizubringen; denn sie durfte vorher nie eine Schule besuchen.Gleichzeitig erhielt sie die Möglichkeit, mit den Kindern , welche die Musiklektionen beendet haben und noch nicht heimgehen, auf der APC Buehne zu spielen. Dafuer wurde Selma auch vom APC bezahlt. Sie war, wie es schien, gluecklich dabei. Doch da kam eines Abends ein Schurke daher und begann mit Selma zu schlafen. Ihre Arbeit im APC wurde vernachlässigt. Wir versuchten Selma von diesem Schurken wegzunehmen. Sie hoerte weder auf die Sozialarbeiterin, noch auf die Lehrerinnen im APC , noch auf mich .
Vor den Weihnachtsferien sollte sie ihre 2 kleinen Schwestern (hier im Bild)  zur Grossmutter nahe der angolanischen Grenze bringen. Ich gab ihr Geld fuer den Transport und sagte ihr, dass sie der Grossmutter helfen und erst am 14. Januar wieder ins APC zur Arbeit zurück kehren soll.
Sie schob die Kleinen in den Bus und ging wieder zu ihrem Freund zurück. Der Freund ist arbeitslos und bringt sich irgendwie mit Stehlen durch. Und wie es scheint, ist dieses Maedchen schwanger.
Wer bezahlt nun fuer das kommende Baby; wer gibt Selma Nahrung; wer gibt ihr Unterschlupf, wenn der Schurke abhaut? Und dies tut er gewiss!
Nun steht sie auch ohne Arbeit da. Alle Mühe von Seiten des Sozialamtes, der APC-Lehrerinnen und von mir waren vergebens, und Selma versinkt weiter in die Armut.