Mittwoch, 29. Juni 2011

hhhh

APC als Auffangbecken

Am frühen Morgen schon sitzt Claudia mit Jugendlichen draussen und unterrichtet Handorgel. Drinnen ist es noch sehr kalt von der Nacht. Die Sonne wärmt sie auf. 2 Stunden spielen sie jeden Morgen und scheinen dabei sehr glücklich zu sein, vor allem, wenn Claudia ihnen noch Brot mitbringt. Altersgemäss müssten diese beiden Buben hier noch die Schule besuchen, doch einer wurde rausgeworfen, weil er die Schuluniform nicht bezahlen konnte, und der andere, ein Buschmann (San) konnte wegen schlechter Leistung nicht mehr folgen. Er hatte zu viele Absenzen, wie die meisten Kinder dieses Stammes.
Dank Wilfried Bertsch aus Feldkirch, der letzten März hier den Musikrepairworkshop leitete und gleichzeitig Handorgelunterricht an Claudia erteilte, kann nun ein neues Unterrichtsfach erteilt werden.
Viele Jugendliche sind an diesem Instrument interessiert. Einige behaupten sogar, dass dieses Instrument ein uraltes afrikanisches Instrument sei; nur weil es hie und da noch von ganz alten Männern im nördl.Busch gespielt wird. Ich nehme an, dass die ersten Seefahrer aus Europa solche Instrumente mitgebracht hatten.
Claudia freut sich sehr, dass Wilfried Bertsch im August für kurze Zeit wieder kommen und einige Unterrichtsstunden erteilen wird.

Dienstag, 28. Juni 2011

Ein zweites Cello Genie im APC

Dieser kleine, 10 jährige Elvich liess mich beinahe vom Stuhl fallen, als ich ihm heute die 2. Cellostunde erteilte. Nachdem wir die 40ste Seite im Celloschulbuch durchgearbeitet hatten, lobte ich ihn und wollte ihn entlassen, als er mich dringend bat, die restlichen 20 Seiten noch zu beenden. Ich liess ihn allein weiterspielen, und als ich nach einer weiteren Stunde zurückkam, spielte er mir das letzte Stück vor. Es war mir unverständlich, wie so ein kleiner Anfänger bereits reine und klare Töne hervorbrach.
Dann fragte er mich, ob er morgen mit dem 2. Buch beginnen dürfe.
Ein Paar Schuhe werde ich ihm kaufen, versprach ich ihm, wenn er den 2. Band eben so schön zu Ende spielen würde.
Er war barfuss bei einer Kälte von 5°.
Er strahlte voller Freude und hüpfte weg.

Meine eigene Mutter über alles

Am Samstag fand ein wichtiges Konzert im APC statt; wichtig war es deshalb, weil speziell die Eltern der Schüler eingeladen wurden. Während der Pause wurde den Eltern  Getränke offeriert. Da torkelte eine besoffene, in Lumpen gekleidete Frau herein, die sich an die Ware auf dem Tisch heranmachte und den Zucker und die Dose Kaffee wegriss und in ihre Plastic- Tasche verschwinden liess. Unsere Sekretärin versuchte, die eingepackten Ware der Frau wegzunehmen, während die Umstehenden laut zu lachen begannen. Die Besoffene begann zu fluchen, und alle Umstehenden lachten. Ein 13 jähriger Trompetenspieler drängte sich vor die Menge und schrie:" Spottet nicht; denn das ist meine Mutter." Die Flötenlehrerin lachte:" Was, das ist Deine Mutter?" Der Junge ging daraufhin zur Mutter, begrüsste sie höflich, nahm den Zucker aus ihrer Tasche und legte ihn auf den Tisch. Anschliessend führte er sie zurück auf die Zuschauerbühne und versuchte sie zu beruhigen.
Nach der Pause war die Brassband an der Reihe für die Performance. Ich staunte nicht schlecht über die sichere Virtuosität, mit welcher der Junge seine Trompetenstimme bliess.

Donnerstag, 23. Juni 2011

Nationales Orchester von Namibia

Nachdem heute René Giessen die beiden APC Orchester beobachtet und begleitet hatte, fiel ihm die glorreiche Idee ein, dass mit den Kinder-und Jugendorchestern ein schon lange ersehntes Projekt in die Wege geleitet werden sollte, nämlich die Erschaffung eines nationalen Sinfonie-orchesters.
In Namibia gab es dies noch nie, auch wenn die Regierung so etwas wünschte, vor allem heute, wo so viele Jugendliche nach einer Beschäftigung suchen, die sie als sinnvoll betrachten.
Also morgen um 08°° wird der Grundstein für ein nationales Ochester gelegt, zusammen mit René Giessen.

Mittwoch, 22. Juni 2011

René Giessen und APC

Voll in Aktion steht er vor dem APC Orchestra. Eben studiert er ein schnelles Stück von Gershwin ein und spielt dazu wie verrückt die Mundharmonika. Der noch sehr junge Dirigent, erst 14 jährig, macht es ausgezeichnet, hat jeden Spieler und jede Spielerin im Auge und im Gehör. Spielt eine Geige falsche Töne, so singt er sie richtig vor, damit es bei der Wiederholung besser tönt. Einfach ein genial begabter Bub, wohnhaft in einer schäbigen Blechhütte und oft etwas hungrig. Rné Giessen meinte zu diesem Genie:" Wenn Ronaldo so weitermacht, wird er bald Weltruhm erlangen." um Dank überliess René diesem Dirigenten seinen Mittagsteller.

Diese Kinder des APC Orchestras erhalten wöch-
entlich eine Lektion auf ihren Instrumenten, und
täglich kommen sie ins APC zum Ueben; denn die
Instrumente dürfen nicht nach Hause gegeben werden, da meist weder ein Tisch noch ein Schrank zur Ablage der Instrumente vorhanden sind.
Dieses "Orchester" kommt zwei mal in der Woche
zur Probe und am letzten Samstag im Monats gibt es ein Konzert.




Dies ist der Orchester-saal, trotz grossem Strohdach hell und freundlich.Kein Wunder, kommen da die Jugendlichen gerne zusammen.
Heute kam die Idee auf, eine APC Uniform für alle Teilnehmer/innen nähen zu lassen. Ich war da etwas skeptisch, doch die Schüler hier tragen gerne Uniformen; sie sind sich von den Schulen her gewohnt.
Die Kontrolle über die vielen Teilnehmer/innen wäre leichter; denn wer keine Uniform trüge, würde auffallen. Zu viele Unbekannte schleichen herum.
Eine Uniform würde ca, 140.- N$ kosten (20.-sfr.)
Für 200 Jugendliche würde das eine Summe ergeben, die ich nicht mehr zu bezahlen imstande wäre.

Montag, 20. Juni 2011

Wer mag da noch "meister" werden?

Hunderte von Kindern (hier im Bild nur einen kleinen Ausschnitt der ganzen Schülerzahl) betrachten die Aufführung unserer Marimbaspieler draussen in der Buschschule Ondundu ausserhalb von Tsumeb. Wer da schwatzt, wird von den Lehrern mit Ruten zurechtgewiesen.
Viele dieser Kinder haben einen Schulweg von über 5 Km, verlassen das Haus, wenn es noch dunkel ist. Zu dieser Zeit bereitet kaum jemand ein Frühstück vor; das feuern mit Holz würde zu lange dauern.
Kein Wunder, wenn sich Kinder am Nachmittag beim Musizieren nicht mehr konzentrieren können.

Wir Lehrer/innen vom APC haben begonnen, wöchentlich in einem Schulhaus in Tsumeb und Umgebung ein Konzert zu geben. Die Schulen sind froh um eine solche Abwechslung, und das APC wird besser bekannt.

Wer kennt diesen Mann?
Ein grosser Künstler, René Giessen aus Deutschland, gab in Swakopmund ein Mundharmonica Konzert. Ich habe ihn heute von dort abgeholt, und er will nun im APC ein neues Projekt wagen: Mit den besten Spielern und Spielerinnen eine neue Musikart erfinden, eine Mixture von Trommeln, Marimben, klassischen Instrumenten und da darf seine Mundharmonika, die er so professionell spielt, darf nicht fehlen.
René Giessen ist jener Künstler, der in den Filmen der Klassiker Western wie "Spiel mir das Lied vom Tode" etc. die Musik spielte.
Heute leitet er verschiedene Orchester in Deutschland und ist Kulturbeauftragter Deutschland-Namibia.

Sonntag, 12. Juni 2011

APC leidet etwas unter Qualitätsverlust

Das ist ein starkes Auto, nein, das war ein starkes Auto, der PRADO von Hans Leu. Damals konnte er solche schräge Touren wagen, doch heute sind solche Abenteuer vorbei; denn der PRADO von Hans Leu gibt es nicht mehr. Ein betrunkener Mann ohne Fahrausweis überholte mit einem Bakkie an einer überholverbotener Stelle einen Lastwagen und pfeilte direkt auf den Prado zu, den es überschlug. Die stehenden Menschen auf dem Bakkie wurden weggeschleudert, und jene im Wagen alle tot. Hans kletterte mit gebrochenen Füssen aus dem Fenster.Das geschah letzten Dezember. Gestern erschien Hans mit einem gemieteten Wagen in Tsumeb und leitete das Board-meeting im APC.
Seit Dezember konnte Hans die administrative Kontrolle im APC nicht mehr durchführen, da es sehr schwierig ist, einen Mietwagen zu erhalten. Ein Fahrrad wäre eine Zumutung bei 360 km Distanz von Otjiwarongo bis Tsumeb und zurück. Züge fahren nicht. Also gibt es die APC Kontrolle nur noch über Fax und Telefon.
Nicht nur die Qualität im APC ist beeinträchtigt, auch können solch schöne Landschaften nicht mehr besucht werden. So muss Hans Leu die Ferien in seinem Haus verbringen und kann nun davon träumen, wie es schön war, als er noch ein Auto hatte.

Samstag, 11. Juni 2011

Noch viel zu lernen

Eines unserer grössten Probleme spielt sich in dieser Toilette ab:
Einmal scheisst jemand auf den Boden rechts von der Toilette, ein andermal liegt das Handtüchlein braunverschmiert hinter der Toilette, ein andermal hängt es noch verschmierter wieder schön am Hacken, bereit für den nächsten Benutzer; eines Morgens verstopften kleinere Aeste den Abfluss, weil einige Toilettenbenutzer immer noch Laub und Stecken fürs Säubern des A-loches benutzten; eines Tages fand ich die Papierrolle mitten auf dem Tisch des Zeichnungraumes und vor jedem Schüler 2 Papierteilchen dieser Rolle, weil der betreffende Hilfslehrer Zeichnungspapier sparen wollte; und der metallene Halter dieser Papierrolle diente zur Verlängerung der Lenkstange seines Fahrrades; den Toilettenring könnte wöchentlich ersetzt werden, weil noch viele hinaufklettern  und während des "Loslassens" auf dem Ring stehen und dieser dabei  zerbricht (ja, billiges Plastic-Zeug, made in China, hält ohnehin nichts aus) ; und jetzt noch das: Jemand hob den Deckel des Spülkastens weg und schiess direkt  in diesen Trog.
Musik-Tanz-Mal-und Theatererziehung sind das eine, und das andere nimmt ebensoviel Zeit in Anspruch: Erziehung einfachster Hygiene wie Händewaschen, Toilette richtig benutzen, nicht in die Innenseite des T-shirts schneuzen, mit dem Flötenreiniger nicht gleich noch die Ohren putzen, etc. also: EINE GANZHEITLICHE ERZIEHUNG!

Donnerstag, 9. Juni 2011

und trotzdem voller Hoffnung

Maria an der kleinen Harfe. Punkt um 2°° nachmittags erscheint die 12 jährige Maria im APC, um an der Harfe zu üben. Sie übt solange, bis ein anderes Mädchen ihren Platz einnimmt. Maria gibt nicht auf, auch jetzt nicht, wo die Temperaturen gegen 4° sinken. Mich friert es schon bei ihrem Anblick: Barfuss und  " mägerer geht nicht mehr". Heute nachmittag wollte ich sie heimschicken, um eine warme Jacke zu holen; denn diesen Abend wird es sehr kalt werden. " Aber ich möchte jetzt weiter üben".

Auch dieses Mädchen erscheint täglich im APC, trägt schon seit Monaten dasselbe leichte Sommerblüschen ungehindert der eisigen Kälte.
Beide Mädchen wohnen in Blechhütten, frieren auf ihren schäbigen Schlafmatten
und
trotzdem
sind sie voller Hoffnung.
Ich schenkte ihnen eine warme Jacke, welche mir Lucia, meine Schwester aus der Schweiz schickte-
  und ihr dankbares Lächeln verrät mir, wie wichtig das APC für sie ist.

Sonntag, 5. Juni 2011

Solarkocher hat 2 Seiten

Da sind wieder die 4 Cello-Bengel; brav sitzen sie da und essen langsam und schweigend den feinen, im Solarofen gebackenen Kuchen in einer sakralen Ruhe und geniessen dazu den Kaffee, nachdem sie heute am Sonntag nachmittag zwei Stunden lang auf dem Cello ein Lied zu streichen probiert haben.Ohne Lehrer ist es für diese Buben noch zu schwierig, die richtigen Töne zu finden.
Später erschienen noch einige unserer Hilfslehrer und wollten auch so einen Solarkuchen; schliesslich hätten sie den ganzen Nachmittag geübt und Noten geschrieben.

Die Kuchen können in diesem Solarofen gar nicht anbrennen. Man kann weglaufen, den Kuchen sogar vergessen, und Stunden später schmeckt er besser als jener vom Konsum. Ich versuchte, so einen Ofen unseren Lehrern vorzustellen. Einer hat bereits so einen Ofen zuhause, nutzt ihn aber nicht, da er Angst hat, Nachbarn könnten während seiner Abwesenheit Gift auf die Speisen streuen. Und so steht er lieber eine Stunde früher auf, um Feuer-Holz von den Bäumen zu hacken. Auf meine Anweisung hin, ein Schloss am Ofen anzubringen, sagte er bloss, dass es koste. Mein Kopfschütteln versuchte er zu verteidigen, indem er erzählte, dass seine Mutter schliesslich vergiftet wurde, ebenso sein Onkel und eine seiner Cousinen.

Samstag, 4. Juni 2011

Noch etwas zum lebendigen Grabstein

In einem der letzten Blogs brachte ich die Geschichte des lebendigen Grabsteines der Frau von Walter Benath, der anstelle eines Grabsteines auf einem Friedhof in Vorarlberg einen Grabstein in einem Kulturzentrum für mittellose Jugendliche in Namibia aufrichten liess.
Dies ist nun der Grabstein: Ein afrikanisches Haus mit einem Strohdach, davor die zur kalten Winterzeit blühende Aloe, eine Heilpflanze gegen Magen- und Darmkrankheiten, auch das nationale Symbol für Namibia!
Als ich heute morgen auf der Strasse von Kindern gefragt wurde, ob  das Ensemble im Benath Haus stattfinden wird, kam mir gleich wieder das Bild seiner verstorbenen Frau in den Sinn, und ich bin froh, so ein grosses Haus zur Verfügung zu haben:
Fürs Tanzen, für die Marimben und Trommeln- und nun auch für die vielen Kinder des Ensemble.



Und was passiert mit diesem Grabstein?
Er ist nicht einfach ein kunstvoll gemeisselter Steinblock mit Goldnamen: Er ist kein Stein, sondern viel mehr:
EIN HAUS VOLLER MUSIK
In diesem Haus lebt es.

Freitag, 3. Juni 2011

Ein Wundertag

Schon am Mittag sass ein Dutzend Buben vor dem Gitarrenhüttchen und übten ein Lied für das nächste Konzert. Eine Schule aus dem Nachbardorf Otavi hat sich zum nächsten Konzert angemeldet. Langsam steigt nun das Interesse Einheimischer für das APC.
Hier im Bild unser Gitarrenlehrer in der Mitte; sie spielen ein frohes Stück von Mozart, und sie wollen es immer wieder wiederholen, obschon sie es fehlerfrei spielen können

Ich traf heute morgen ganz unerwartet die Kunstmalerin Kolbe, welche mir zuhause dann alle ihre Werke vorführte und uns eine alte schöne Zither schenkte.
Lucia, meine Schwester hat mir mitgeteilt, dass der "wonderful Gospelchor" eine ganz stattliche Menge Geld aus ihren Konzerteinnahmen dem APC vermachen wollen.
Weiter teilte mir Lucia mit, dass die hölzernen Giraffen, welche ich anfangs Februar 2011 per Post auf den Weg sandte, am 1. Juni endlich eingetroffen sind,  (als Dank für die Kleidersendungen ).
Die Reisegruppe von Herrn Rupf aus dem Sarganserland gab mir heute die Rückmeldung, dass unser APC sehr eindrücklich war und sie am liebsten noch länger im APC verbleiben wollten

Mittwoch, 1. Juni 2011

überfüllt

Kaum hatte ich im APC so halblaut bemerkt, dass ich einen Ersatzlehrer für den Zeichnungslehrer Julius suche, der von der Schule wieder zurückgerufen wurde, meldeten sich mehrere Zeichnungslehrer. Artofel, der mit dem blauen T-shirt, erschien mit einem Zeichnungsdiplom und legte schon am ersten Tag Hand an. Kaum hatte er hier im APC zu arbeiten begonnen, wurde er vom College for the Arts in Windhoek zurückgerufen mit der Begründung, dass niemand befähigt sei, ordentliche Ausstellungen für Künstler zu organisieren. Nur ungern verabschiedete er sich. Das ist auch eine Art, wie man Landflucht fördert: Man holt die Qualität vom Land und kümmert sich wenig um die ländliche Gegend.



Der Zeichnungsraum ist mit 26 Kindern völlig überfüllt, kommt dazu, dass die Kinder noch ihre Hunde mitführen, und somit ist eine Hütte schnell voll.



Es ist so plötzlich kalter Winter geworden, ohne Uebergang vom Sommer. Der sog. Schneebaum ist nicht vom Schnee, sondern von grossen weissen Blüten bedeckt. Hier halten sich die spielenden Kinder gern auf; denn es riecht so frisch. Die beiden Mädchen wollen mit Ueben einfach nicht aufhören. Der Kleine mit dem Hungerbauch daneben wartet schon die ganze Zeit auf eine Violinstunde und hofft, mit diesem Instrument einmal reich zu werden. Nächste Woche wird er eine Lektion erhalten.