Freitag, 18. November 2011

Ich kann noch nicht sterben

Welcher hier ist wohl der verschlagendste Junge? Der "ORANGE".  So wird er genannt wegen der hellen Hautfarbe und den leuchtenden Haaren. (Mitte im Bild).
Heute Vormittag war ich gerade mit Trompetenschülern beschäftigt, als der Orangene hereinstürmte und sich unter dem Tisch verstecken wollte. Draussen stand ein Mann mit einem Prügel. Ich zog den Orangen hervor und fragte ihn, warum er nicht in der Schule sei. Keck antwortete er, dass ihn die Schulleitung entlassen hätte, weil er keine Schuhe trage. Seine Füsse waren mit einer rauhen Elefantenhaut überzogen. Unsere Sekretärin rief die Schulleitung an, um sicher zu stellen, ob er lügt. Nach wenigen Minuten fuhr die kräftige Prinzipalin der Ondundu Schule heran. Sie war froh um den Anruf der Sekretärin; denn sie wollte ohnehin bei uns mit folgendem Vorschlag vorbeikommen:
Das APC sollte diejenigen Schüler und Schülerinnen aufnehmen, welche für die Staatsschulen in Tsumeb nicht mehr tragfähig sind, so wie dieser Orange, der vielleicht einmal in der Woche die Schule besucht, und wenn er dann einmal da ist, sich unmöglich benimmt und die andern Kinder zu schlagen beginnt. Einige SchulleiterInnen haben dies so besprochen, dass solche Kinder vielleicht noch über Musik und Kunst zu retten sind. Andernfalls sind sie zu Verbrechern bereits prädestiniert. Ich sagte dem Orangenen, dass er punkt 2°° im APC erscheinen soll. Niemand glaubte, dass er wirklich kommen würde.
Um 2°° erschien er. Ich schickte ihn in die Cellostunde, anschliessend zum Guitarrenlehrer, und für mich war es keine Ueberraschung, als die beiden Lehrer mir mitteilten, dass der Orangene sehr begabt und willig sei, viel zu lernen. Da knipste ich die Foto, und wenn man ihm ins Gesicht schaut, weiss man schnell, dass er ein geschickter Junge ist.
Anschliessend rannte er ganz allein über eine Stunde das blaue Labyrinth ab, und jedesmal, wenn er die Mitte erreichte, sprang er hoch und lachte laut. Es schien ihm gut zu tun, die vorgegebenen Wege abzulaufen. Am Schluss gab ich ihm noch ein Stück Brot auf den "Heimweg",  und er bedankte sich.
Namibia hat im Staatsgesetz festgelegt, dass für alle Kinder die Schulpflicht gilt.
Und nun will die Schule solche "Orangenen" , und von denen gibt es viele, dem APC übergeben.
Eine ernste Sache, die nun über den Bord (Verwaltungsrat) des APC angegangen werden muss.
An sich eine gute Sache; doch da braucht es mehr Arbeitskräfte, und wer will sie ausbilden? Aber noch schwieriger:Wer kann sie bezahlen?
Da kann ich leider noch nicht ans Sterben denken; denn sonst würde meine AHV  dahinfallen, und viele Kinder müssten wieder zurück auf die Trottoirs zu den Abfallkübeln, die manchmal etwas Essbares enthalten.
Am Sonntag wird der Board seine Sitzung halten. Gut, da werde ich die Sache vorbringen.

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