Donnerstag, 13. Februar 2020

Das Schengen Visa und der Schrei

Überglücklich kamen Ndatoolewe und Junias, unsere beiden Dirigenten der APC Orchester, nach einer langen Fahrt von der deutschen Botschaft zurück und zeigten mir singend ihre Schengen Visa im Pass. Nun hatten sie Hunger, ich kochte, wir assen spät. Dann wollte ich sie heimfahren; denn es war sehr dunkel, und einige Strassenlampen gaben kein Licht mehr. Es ist oft sehr gefährlich, sich nachts zu Fuss auf die Strasse zu wagen.
Plötzlich sah ich, wie ein Auto vor mir stoppte, dann links auf das Trottoir fuhr und dann im Höllentempo nichts wie los weiter fuhr. Ich sah vor mir mitten auf der Strasse etwas Dunkles: ich glaubte, dass da ein grosser Hund oder Esel überfahren wurde und wollte ebenfalls links überholen wie jener vor mir es tat; doch ich fuhr vorsichtig langsam; denn es könnte ja auch eine Falle eines Kriminellen sein, um Autos anzuhalten. Da hörte ich laute Schreie, die Schreie einer Frau.
Ich stieg aus und sah, wie da eine Frau in Krämpfen lag, barfüssig und das Gesicht mit den Händen verdeckt. Ich wollte sie aufheben, doch das gelang nicht; denn sie war verletzt. Mit grossem Kraftaufwand gelang es Ndatoolewe und mir, die etwas schwere Frau ins Auto zu heben.
Dann nichts wie los zur Polizei. Dort angelangt, wollte ich zu erzählen beginnen, doch niemand wollte mir zuhören. Sie schämten sich vor mir; dann schwieg ich halt. Sie verlangten von mir die Unterschrift. Doch dann begann Ndatoolewe in der einheimischen Sprache das Vorgefallene zu erklären. Wir erhielten einen Zettel mit dem Befehl, diese Schreiende ins Spital zu bringen. Dort angekommen, rief ich die Nachtwächter, um sie hinein tragen zu helfen. Zögernd fassten sie die Frau an, sie hatten etwas Angst; denn es könnte ja eine Hexe sein.
Nach langer Diskussion durfte sie dann im Spital bleiben. Sie beruhigte sich und erzählte stotternd, wie sie der Mann, den sie letzten Dezember geheiratet hatte, als nutzloses Ding beschimpfte und zu Tode prügeln wollte, weil sie bis jetzt noch nicht schwanger werden konnte. Ich empfahl ihr, nicht mehr zu diesem Hund zurück zu kehren. Da griff der Nachtwächter ein:"Wovon soll sie denn leben?"
"Ich weiss, aber er wird sie wieder schlagen!" Die Frau hatte ein sehr schönes Gesicht, lächelte mich verzweifelt an:" No job for me?" (Keine Arbeit für mich?")
Das ist der Teufelskreis der Armut: Die armen Frauen haben keine Wahl; sie sind der Gewalt der Männer ausgesetzt, denn sie  wollen ja nicht verhungern.
Zu Hause angelangt, schrieb ich trotz meiner Müdigkeit einen Motivations Brief an die Hunderten  von Mädchen, die im APC Musikstunden nehmen: Fleissiger zu sein, nie aufzugeben, damit sie gut spielen können, um später ihr Brot selber verdienen können etc.


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen