Sonntag, 8. April 2012

Hochzeit

Schon seit über einer Woche trällerts, singts, trommelts und lachts vom Nachbarhaus her; ein emsiges Treiben: Leute kommen und gehen in Festtagskleidern, wedeln dabei mit Kuhschwänzen und jodeln. In der Garage hängen einige geschlachtete Rinder; viele Köche rennen hin und her. Die Braut stammt aus diesem Hause; doch man sieht sie nicht. Nach Tradition darf sie vor der Hochzeitszeremonie eine Woche lang nicht unter die Festtagsgäste, sie muss ganz alleine in ihrem Zimmer bleiben, nur die Mutter oder sonst eine Verwandte bringt ihr viel zu essen; denn in dieser Quarantänen-Zeit soll sie etwas an Gewicht zulegen; denn eine magere Braut verheisst nichts Gutes.
Heute, am Karsamstag wird die Braut während des frühen Morgens von Frauen eingekleidet, geschminkt und poliert. Leider darf ich sie nicht fotografieren. Dann fahren teuerste , mit bunten Ballonen verzierte Autos heran (meist alle für den heutigen Tag gemietet). Viele Männer stehen herum, trinken Bier und diskutieren über die High-speed der Autos. Gegen Mittag steigen die Leute ein , die Braut ist verhüllt, und es wird zur Kirche gefahren. Die Leute, die zurückbleiben, tuscheln geheimnisvoll über den Bräutigam. Am Nachmittag kommt der fröhlich lärmende Festzug zurück, Braut und Bräutigam mitten unter den Leuten bejubelt. Der ganze Zug verschwindet im grossen Festzelt hinter dem Haus. Die 3 Brautmädchen, die übrigends  alle im APC Geige lernen, fragen mich, ob sie vom APC ihre Geigen entlehnen können, um dem Brautpaar etwas vorzuspielen. Sie erzählen mir, dass der Bräutigam ein reicher Europäer sei, der eben 3 Tresore voll  Geld gebracht habe. So hat ihn die Mutter der Braut akzeptiert. Es ist bei den Hereros  Brauch, dass der Mann als Brautpreis einige Ochsen zu spendieren hat. Aber wie soll da ein Europäer mit Ochsen einfliegen? So ist die Familie mit Geld mehr als zufrieden. Nach dem Festmahl verschwindet die Gesellschaft zum Sportstadion, wo weiter gefeiert wird. Wäre der Bräutigam ein Einheimischer, würde die 2. Feier nicht im Sportstadion, sondern beim Mann zuhause stattfinden. Ich sehe, wie nun das sog. Gesindel der Strasse sich am Zaun entlang drückt, um vom übriggebliebenen Essen etwas zu erhaschen. Das Küchenpersonal verteilt ihnen fette Fleischstücke direkt in die hingehaltenen Hände. Eine Hochzeit ist schliesslich keine Privatangelegenheit, ein Fest für die Gemeinde, und alle sollen sich heute freuen und wissen, dass wir etwas zu bieten haben.
Und die Schlussfrage:WER SOLL DAS BEZAHLEN?
Dies erklärt auch, weshalb viele Leute erst heiraten, nachdem sie einige Kinder aufgezogen,  und wenn sie genügend Geld für so ein Riesenfest gespart haben.

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