"Miss Lis, Miss Lis..." fast pausenlos schrien da Buben von der Strasse her. Noch im Pijama schaute ich nach, wer so früh am Samstag morgen schon Miss Lis schrie. Wieder die Cello-Boys, diesmal nur 4; denn sie hätten den 5 Kameraden nicht mitgenommen, weil er so falsch spiele und viel esse. Ich händigte ihnen die Schlüssel aus und forderte sie auf, gut zu üben; denn morgen werde eine Gruppe Touristen aus meiner Heimatgegend auf Besuch kommen. "Werden sie uns etwas Süsses bringen?" "Sicher auch noch T-shirts, " gab ich zurück, und dann rannten sie Richtung APC los. Kaum hatte ich meinen Morgenkaffee zu geniessen begonnen, jagten die Katzen einer der kleinen schwarzen Schlangen nach, die angeblich sehr giftig seien, und dies unter meinem Küchentisch. Ein Schauspiel, wie das Katzenweibchen in Sekundenschnelle das Schleichtier zerriss. Die Katzen gingen, und mir blieb die Entsorgung übrig.
Nach einer halben Stunde , als ich normal bekleidet das APC betrat, staunte ich nicht schlecht, wieviel Betrieb schon so früh am Samstag Morgen statt fand. Jerome, der das APC Kinderorchester leitete, dirigierte schon heftig, aber niemand schaute hin. Er merkte es nicht und schien an seinen Auf-und Ab Armbewegungen grosse Freude zu haben. Es ist ja auch nicht nötig, hinzuschauen; denn diese Spieler hier können alle auf 4 zählen. Ein Stück von Cesar Bresgen und ein vom "Dirigenten" selbst komponiertes Lied wurden schön gespielt. Aus dem Nebenraum tönten die Trommeln und das Jauchzen der Tanzmädchen, und auf der Bühne strichen die 4 Cellobuben die Saiten, lächelten brav dazu; denn sie waren sich gewiss, dass sie morgen ein T-shirt erhalten werden.
Da tappte noch die wohlbeleibte Mutter Magdalena daher, einen grossen Plasticsack schwenkend. Bei mir angekommen, zog sie aus dem Sack ein weisses Kopftuch mit dem Aufdruck "Praise the Lord" NACAWA. Sie fragte mich schüchtern, ob ich Zeit hätte, über dem Wort Nacawa eine Taube mit einem Rosenkranz um den Hals zu malen. Sie hätte 25 solche Tücher hier. Ich gab ihr die Anweisung, am Montag zu kommen, wenn der Zeichnungslehrer anwesend sein werde. Sie verneinte und bettelte inbrünstig, ging sogar auf die Knie und sagte, dass sie doch auch katholisch sei. Nacawa sei eine Frauengruppe der katholischen Mission und morgen bräuchte sie diese Kopftücher für die Kirche. Das sei wirklich zu spät, wollte ich ihr erkären, und dann klagte sie in einem weinerlichem Ton, wie ich sie schon das zweite Mal abweise. Ich erinnerte mich, wie sie einmal meine Küche reinigen wollte und mit einem Gartenschlauch zur Tür hereinkam. Und als ich sie beim Wasserstrahlen stoppte, da die Stuhl-und Tischbeine aus Holz waren, sagte sie bloss : "Kein Problem; denn die Küche sei so dreckig!" Schon damals hatte ich Mühe, sie los zu werden; aber sie brauchte dringend Geld.
Magdalena hat ein halbes Dutzend Enkelkinder, für die sie sorgen muss, da die meisten Mütter nicht mehr leben.
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